Das war wieder mal ein Schultag ganz nach meinem Geschmack,
mit viel Zeit für Kreativität. Es ist Donnerstag, der 29. Oktober 2015. Das
heißt, dass das Allerheiligen Wochenende vor der Tür steht bzw. Todos Santos,
so wie es hier heißt. Dieses Wochenende wird hier zum Teil (Ausnahmen gibt es
ja immer) groß gefeiert. Mit Zeremonien, Ritualen usw. Halloween ist hier auch
nicht zu übersehen in den Geschäften, Lokalen und Supermärkten sieht man
überall die Dekosachen und Süßigkeiten. Wobei das ein „importiertes“ Fest ist,
das wie glaube ich auch bei uns, auf Freunde und Leute die es eher verfluchen
stößt. Jedenfalls lieben es die Kinder, auch hier, in der Nacht vom 31. Oktober
auf den 1. November raus zugehen für „Trick or Treat“ und Süßigkeiten zu
sammeln. Na no nana, welches Kind hat nicht gerne Unmengen an süßem Zeug. ;-)
Todos Santos
wird hier, wie schon erwähnt groß gefeiert, zumindest bei den Familien die sich
mit der Tradition verbunden fühlen. Es geht ja dabei bekanntlich um den Kontakt
mit der „Anderswelt“, mit den Seelen, Ahnen, Familienmitgliedern, die nicht
mehr unter uns weilen. Hier in Bolivien wird zu diesem Anlass am 1. November zu
Mittag um 12 Uhr eine sog. „Mesa“ (Mesa bedeutet Tisch auf Spanisch)
hergerichtet. Diese Mesa besteht aus drei Ebenen, die jeweils unterschiedliche
Welten symbolisieren. Ganz oben ist der Himmel – die obere Welt. Diese Welt
steht für den Kontakt zum Himmel, zu „höheren Energien“. In der Mitte ist das
Jetzt, die Welt in der wir leben. Die untere Ebene stellt die Unterwelt da,
die Welt der Ahnen / der Seelen. Auf diese Mesa kommen unterschiedlichste Dinge
zum Essen, Blumen oder andere Symbole / Dinge, die man den Ahnen gerne darbringen
möchte. Man kann auch Zettelchen mit „Botschaften“ anbringen, an bestimmte
verstorbene Personen. Man bereitet all das für die Ahnen, weil man ja annimmt,
dass diese in der Zeit zwischen 1. und 2. November zu uns auf die Erde kommen. Dafür möchte
man ihnen etwas bieten, ihnen Dinge bereiten, die sie gerne haben. Diese Mesa
lässt man dann 24 Stunden stehen. Genau bis zum 2. November um 12 Uhr mittags.
Danach darf, was auch immer da ist, verspeist werden. Bzw. kommt, wenn ich es
richtig verstanden habe, die Familie zusammen und isst gemeinsam. In der Schule
haben alle gemeinsam so eine Mesa am Freitag, den 30. Oktober erstellt. Dafür
wurden natürlich schon davor einige an Aktivitäten gestartet, wie zB das Backen
von Figuren und Symbole aus Germ (Hefe)teig. Der Teig ist mehr oder weniger wie
unser Striezelteig – süßer Germteig in Österreich. Es werden auch noch Kekse
gebacken. Alles eben, was so ein Ahne gerne haben könnte. ;-) Obst gibt es auch,
Süßigkeiten usw.
Nun aber zurück zum Tag in der Schule, auch wir haben gebacken. Ich gemeinsam mit den
ganz kleinen aus der Gruppe „Pukklay“, das ist der Kindergarten. Die Kinder
sind zwischen 3 und 6 Jahre alt. Das war ein Spaß. In einer Riesenschüssel,
wurde zuerst mal der Teig angerührt. Die Kinder waren fleißig am Helfen und Kneten.
Nach einer kurzen Wartezeit war es dann soweit. Es ging ans Ausrollen und
Formen. Die Kinder konnten ihrer Kreativität freien Lauf lassen und Figuren
ganz nach Lust und Laune erstellen. Man konnte schon die unterschiedlichen
Herangehensweisen sehen – die eher zurückhaltenden, die mal schauen und
beobachten, was denn hier so passiert, und die Kinder die gleich drauf los
arbeiten und produzieren. Jedenfalls war es echt ein Spaß. Vor allem weil ich
das ja auch alles gerne mache. Ich habe ein paar Figuren gemacht, so ähnlich
wie bei uns die Krampusse, die ich auch selbst schon des öfteren gebacken habe.
Weil die Tantawawas, so heißen die Figuren hier, sehen meiner Meinung nicht
viel anders aus wie Krampusse.
großes Warten....auf die Teigproduktion
es wird fleißig mitgeholfen
und gerollt und produziert....
manch einer ist noch etwas skeptisch
Nach der Halbzeit in der Schule, das heißt nach der Recreo (Pause), habe ich die Gruppe gewechselt und bin zu den Chaupi’s, so der Name dieser Klasse. Die Namensbezeichnungen für die Klassen kommen alle aus der Sprache der Quechua. Diese Kinder sind schon älter, so um die 9 Jahre. In dieser Gruppe war Kreativität am Plan. Wir haben damit begonnen eine Zeichnung zu erstellen, die die Kinder dann zuhause in ihrem Zimmer bzw. an ihren Platz geben, an dem sie Hausübungen machen, lernen usw. Ich habe verschiedenste Sachen zusammengesammelt mit denen die Kinder arbeiten können, um ihre Zeichnung, ihre Kreationen zu erstellen, wie zB getrocknete Blätter, Blüten, div. Körner….oder auch Zitronen und Zwiebeln, die auseinander geschnitten und dann in Farbe getunkt werden. Der Abdruck wird dann auf das Papier appliziert. Wolle, die um ein Holzstück gewickelt wird, dass man mit Farbe bestreicht und dann ebenfalls ein Druckmotiv ergibt, habe ich auch mitgebracht. In der Schule gibt es die dazu benötigten Farben, auch ganz normale Bunt- und Filzstifte sind vorhanden. All diese Dinge sind den Kindern zur Verfügung gestanden, um ihr Bild zu erstellen. Auch hier sieht man wieder die unterschiedlichen Zugänge. Dass es eben Kinder gibt, die sich hier leichter tun und andere, für die es schwieriger ist, die vielleicht einfach mehr Zeit brauchen, oder die mit dieser Art der Arbeit einfach nicht soviel anfangen können. Aber das ist normal, jeder hat seine Talente und jeder steht wo anders in der Entwicklung.
Jedenfalls war es wieder einmal ein Erlebnis für mich. Weil
die Stunden hier sind „etwas“ chaotisch. Ich glaube selbst bei uns würde eine
Stunde in bildnerischer Erziehung nicht so ablaufen. Aber ich sehe das hier als
„somehow“ normal an und beobachte einfach so wie es ist. Sich da aufregen würde
nur zuviele Nerven kosten. Ist ja auch eine andere Kultur. Ich habe schon das
eine oder andere Mal versucht, mit der Lehrerin zu sprechen, dass es
vielleicht auch andere Arbeitsweisen gibt, die man mal kennen lernen könnte, die
vielleicht auch für den ein oder anderen Lehrer effizienter und
„energiesparender“ wären, aber das zu vermitteln ist teilweise schwierig. Die andere
Person muss auch offen dafür sein. Im Endeffekt darf jeder selbst
entscheiden was er tun will, wie er arbeiten will. Man muss ja selbst damit
glücklich sein.Für mich ist alles ein Lernen und Ausprobieren, Neues
kennen lernen. Für mich ist das Entwicklung, weil wenn man Neues lernt, ergeben
sich auch neue Möglichkeiten und Ideen, an die man vorher nicht gedacht hat. Vor allem in einer ganz anderen Umgebung / Kultur, in der ich jetzt bin. Ganz andere Regionen im Gehirn werden auch aktiviert und das steigert die
Kreativität. Manchmal oder vielleicht auch öfters weiß man in dem Moment nicht genau warum oder wofür es gut ist, aber das was man gelernt hat, kann einem keiner nehmen und wer weiß, wann
man es nochmal brauchen kann. Schließlich formen einen ja auch alle Erfahrungen
die man gemacht hat – die guten und die nicht so guten – und machen einen zu der
Person die man heute ist.
So genug des Geredes. Die Kinder hatten jedenfalls Spaß. In
der nächsten Stunde wird die Arbeit fortgesetzt. Wir wollen ja noch Rahmen für
die Bilder erstellen, deren Basis Kartonagen sind. Diese werden dann von den
Kindern nach Lust und Laune mit Steinen, anderen Körnern, Papier oder was auch
immer verziert. Der eigenen Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Jeder ist
kreativ, auf seine Art und Weise, dafür muss man nicht malen, singen oder
sonstiges können. Jeder hat seine ganz persönliche Kreativität! Daran sollte
jede/r glauben und auch darauf vertrauen, bzw. möchte ich jeden ermutigen
darauf zu vertrauen und nicht auf die „Einsager“ im Umfeld hören, die
vermeintlich gute Ratschläge haben. Ich kenne solche Beispiele auch. Ich habe zum Beispiel lange nicht geschrieben – weil meine Deutschlehrerin in der Schule immer zu mir immer gesagt hat, ich hätte keine Phantasie und könne nicht schreiben. Daher war das
lange für mich ein Tabu-Thema. Deshalb, hör immer auf deine Intuition und tue
was du fühlst, was du tun möchtest und nicht das, was andere sagen. Meinen Blog würde es, wohl kaum geben, wenn ich diesen Glaubenssatz noch in mir tragen würde. So ist das nicht nur mit meinem Schreiben, sondern auch mit vielen anderen Dingen im Leben.
Hier noch ein paar Bilder zur "Todos Santos" Feier in der Schule:
....und so sieht der fertige Tisch aus. Die Kinder sitzen gespannt davor und warten bis sie an das Essen ran dürfen. ;-)
Hier noch ein paar Bilder zur "Todos Santos" Feier in der Schule:
Ale gibt ein paar Erklärungen zu den Hintergründen und der Geschichte des Festes
die Mesa wird vorbereitet, alle helfen mit
....und so sieht der fertige Tisch aus. Die Kinder sitzen gespannt davor und warten bis sie an das Essen ran dürfen. ;-)
Musik darf natürlich auch nicht fehlen!! :-)
Chau chau!! Nos vemos :-)
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