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Im Tsum Valley, 25. April 2015, die Erde beginnt zu beben! Neugeburt.....ein Jahr danach


Gestern Abend kommt es mir auf einmal geschossen, was für ein Tag denn heute ist. Das Erdbeben in Nepal jährt sich zum ersten Mal. Der 25. April 2015, das war jener Tag an dem ich gemeinsam mit Christine, einer guten Freundin, Arjun (unserem Guide) und Biru (unserem Träger) im Tsum Valley unterwegs war. Es war Tag 6 unserer Trekking Tour, der einen ganz anderen Verlauf nehmen sollte als geplant, als überhaupt in unseren Köpfen vorstellbar. Von einer Minute auf die nächste verändert sich alles. Gedanken, Pläne – ob generell übers Leben oder den weiteren Verlauf unserer Route treten auf einmal in den Hintergrund und verlieren an Wichtigkeit.


Es ist 8 Uhr am Morgen, wir starten unsere Tour in dem kleinen Dorf Chumling, in dem wir am Abend zuvor angekommen sind, nach etwa 7-8 Stunden Gehzeit. Wir befinden uns im Tsum Valley, einem Tal, das erst vor einigen Jahren für den Tourismus geöffnet wurde und demnach touristisch noch nicht so erschlossen ist. Das Tsum Valley ist ein heiliges Pilgertal an der Grenze zu Tibet, das eine lange Geschichte im Buddhismus hat, welche an der Kultur und den Menschen dort noch deutlich zu erkennen ist. Wörtlich übersetzt bedeutet „Tsum“ lebendig, leuchtend, blühend.


Ankunft in Chumling. Der Abend vor dem Beben.





Wir sitzen in der Küche und essen Dal Bhat, das Nationalgericht Nepal's. Die imposante Bergwelt zeigt sich uns am Abend noch einmal.


Ich kann mich erinnern, dieser Morgen des 25. Aprils 2015 ist ein etwas grauer Morgen. Die Sonne zeigt sich uns nicht. Die Berge sind gehüllt, in Nebelschwaden. Wir starten los, so wie auch an den Tagen zuvor. In gemäßigtem Tempo gehen wir die Wanderpfade entlang, vorbei an kleinen Flüssen, Wasserfällen, vereinzelt tauchen Häuser auf – Kinder laufen uns entgegen. Wir bleiben kurz stehen, Arjun und Biru unterhalten sich meist mit den Einheimischen in der lokalen Sprache.











Die Leute leben hier abgeschieden vom Rest der Welt, sind mehr oder weniger auf sich alleine gestellt. Die „Zivilisation“ ist weit entfernt, die Versorgung erfolgt entweder zu Fuß – das sind dann oft Fußmarsche über Tage – oder mit Maultieren. Motorgetriebene Fortbewegungsmittel gibt es hier nicht. Immer wieder kommen wir an Mani Walls, Stupas oder anderen „Bauten“ vorbei, die an die buddhistische Kultur bzw. den tibetischen Einfluss erinnern.





Da wir noch am Überlegen sind, wie wir unsere Route auf dem Rückweg gestalten (wenn wir aus dem Tal wieder hinaus gehen), machen wir einen kleinen Abstecher zu einer Brücke, um zu sehen, ob diese passierbar ist, denn an den Tagen zuvor haben wir in den Gästehäusern gehört, dass die Brücke angeblich zerstört wurde und es nicht möglich sei von dort weiter zu gehen, bzw. sie notdürftig „repariert“ wurde und ein Weitergehen vielleicht doch möglich wäre. Wir wollen uns selbst ein Bild machen und sehen uns die "Not"-Brücke an. Es ist nur ein kurzer Umweg. Danach geht es weiter.


Wieder kommen wir an einem Haus inkl. einem kleinem Kloster vorbei. Wir machen kurz Halt. Arjun und Biru haben wohl schon Hunger und fragen die ältere Dame des Hauses, um etwas zu essen – sie bringt so fladenartiges, in Fett herausgebackenes Brot. Wir setzen uns kurz, sie zeigt uns auch das kleine Kloster.




Danach machen wir uns weiter auf den Weg, der sich den Berg hinauf schlängelt, einmal nach links, dann wieder nach rechts. Die Vegetation ist eher gebüschartig, steinig. Es sind nicht viele Leute unterwegs. Ab und zu mal begegnen wir Einheimischen – größtenteils sind es Männer, die zum Beispiel ein Dach (Blech, das eingerollt ist) für ein Haus oder andere Gegenstände/Rohstoffe den weiten Weg entlang schleppen. Unvorstellbar. Wir legen immer wieder mal eine Trink- oder Fotopause sein. Wir hören auch mal vereinzelt Steinschläge, wo Arjun zu uns meint, das komme immer mal wieder vor.

….und dann, ich habe es noch ganz genau vor meinem inneren Auge. Da taucht links am Wegesrand auf einmal ein Rind, oder ein rinderähnliches Tier auf, das wir fotografieren. Ich packe den Fotoapparat wieder ein und wir gehen weiter.




Danach, ich kann es nicht sagen, sind es Sekunden oder Minuten – es hört sich an, als würden sich große Gesteinsmaßen lösen. Christine, Arjun und ich sehen uns an. Im ersten Moment kann ich nicht zuordnen was da jetzt passiert, bis Arjun auf einmal ruft Earthquake!!! (Erdbeben)

In diesem Moment gibt es kein großes Nachdenken, es geht jetzt um unser Überleben. Direkt am Weg befindet sich ein etwas größerer Felsen unter diesem wir uns zu dritt, zusammengerollt, hinhocken. Mir schießen Gedanken durch den Kopf, an meine Eltern, an zuhause, ich habe Tränen in den Augen. Doch das einzige woran ich in diesem Moment denke ist – ich kann/muss die Situation einfach so annehmen wie sie ist, mich ihr stellen. Es gibt jetzt keine andere Möglichkeit. Was auch immer Gott, oder etwas „Höheres“ für mich bestimmt haben – so wie es sein soll, so soll es kommen. Im Nachhinein betrachtet muss ich sagen, dass das eine völlige Hingabe und Annahme der Situation war. Etwas mit dem wir oft hadern in unserer Welt. Manchmal wollen wir einfach nicht akzeptieren, oder annehmen, verfolgen Dinge, Ziele oder Wünsche verbissen, die nicht unsere Bestimmung sind. In so einer Extremsituation, in der wir waren, erfährt man mit dem ganzen Körper, Geist und den eigenen Sinnen, dass man in Wirklichkeit keine Wahl hat. Eine für mich unglaublich wertvolle Lebenserfahrung.



Es dauert in etwa eine Minute bis das Beben vorbei ist. Große Steine und Geröll sind hinuntergedonnert – zum Glück für uns, an anderen Stellen. Wir stehen auf, rufen nach Biru. Er hat sich hinter uns befunden, irgendwo da wo all das Gestein herunter gekommen ist. Man sieht uns die Sorge um ihn im Gesicht an. Doch da kommt uns auf einmal von oben jemand entgegen gelaufen. Es ist Biru. Er hat, wie die Erde zu beben begonnen hat, schnell all das Gepäck abgelegt und ist quer den Hang hinauf, wahrscheinlich gesprintet, und hat uns sozusagen überholt. Unglaublich, wie geistesgegenwärtig und welche Kraft und Energie dafür notwendig gewesen sein müssen. Wir sind sichtlich erleichtert….huchhhh! Er lebt! Etwa 100 Meter weiter befindet sich ein kleines Plateau. Wir lassen uns dort erst mal nieder. Es sind noch zwei oder drei Einheimische da, die auch vom Beben überrascht worden sind. Man merkt noch die Unruhe der Erde und auch in den Gesichtern der Menschen. Ich ahne, dass da wohl noch etwas nachkommen wird. Wir beratschlagen uns, was wir jetzt machen. Zurückgehen ist wohl keine Option – alles offenes Gelände, die Gefahr weiterer Steinschläge ist viel zu groß. Noch dazu sind wir ja schon einige Tage in das Tal hineingewandert und wissen nicht wie es mit den Wegen, der Versorgung am Weg hinaus aussieht. Arjun sagt uns, dass wenn wir weiter gehen, es nach etwa 30 Minuten Fußmarsch flach wird. Dort befindet sich ein Dorf. Da wäre zumindest die Gefahr von Steinschlägen und Erdrutschen nicht so groß. Aber zuerst warten wir mal ab. In mir kommt der Gedanke bzw. das Bedürfnis hoch, etwas zu tun – für die Erde, für die Gruppe. Ich hole ein kleines Täschchen heraus, in dem ich ein paar Dinge mit mir trage, die mir gute Freunde mitgegeben haben auf meine Reise – die mich beschützen/begleiten sollen. Unter anderem ist da ein Amulett dabei. Es ist eine goldene Uhr, die an einer Kette hängt. Ein Erbstück meiner Oma, die schon lange mein Begleiter ist, wann immer ich Unterstützung brauche. So auch in diesem Moment. Ich hänge sie mir um. Es gibt da auch noch einen schwarzen Turmalin, den ich von einem besonderen Menschen geschenkt bekommen habe. Er soll mir Schutz geben auf meinen Reisen, wann immer ich ihn brauche. So stehe ich hier, ins Tal hineinblickend, die Kette um den Hals und den Stein in der Hand. Ich schließe meine Augen und fühle, was in mir ist, was brauche ich jetzt, was brauchen wir jetzt, was ist zu tun, um gestärkt weitergehen zu können. Nach einer kurzen Zeit sage ich zu Christine: Machen wir ein Ritual als Heilung für die Erde. Sie hat uns doch mit dem Beben ein sehr starkes Zeichen gesetzt. Wir überlegen und kommen zu dem Schluss, dass wir das Peace Zeichen aus Steinen auflegen. So beginnen wir Steine zu sammeln und sie aufzulegen. Unsere beiden Nepali, die wir mit hatten, schauten zunächst etwas verdutzt, und noch gezeichnet von den Ereignissen, was wir denn da jetzt wohl vorhaben. Beginnen dann aber auch mit zu helfen Steine zu sammeln und das Symbol zu legen. Bald ist es fertig. Dieses gemeinsame Tun, auch wenn es etwas ganz Simples war, stärkt uns. Wir geben uns die Hände, einen Einheimischen, der noch da ist, nehmen wir auch gleich mit.




Wir stellen uns im Kreis auf und singen noch ein Lied, das sich auf meinem iPod befindet. Es heißt Earth my Body von Gila Antara. All das bringt Kraft in die Gruppe. Danach packen wir unsere Sachen zusammen und sind bereit um loszustarten in Richtung Checkamparo. Ich für mich habe das Gefühl, als hätte jemand in mir einen Schalter umgelegt. Es heißt nur, alle Kräfte bündeln und weitergehen, weitergehen – bis zum Ziel, bis zum Dorf. Da gibt’s kein Zögern. Ich fühle mich stark und zuversichtlich.

Wir müssen über einen Erdrutsch drüber – die Erde ist ganz lose. Passieren eine weitere Stelle wo wir über die Steine kraxeln müssen. Es kann so oder so ausgehen, aber in meinem Kopf gibt es nur eine Option: Wir kommen heil an im Dorf. Dann kommt ein kleiner Wasserfall/-lauf, verschüttet mit Steinen. Etwas später kommt wieder ein Erdrutsch – hier ist wohl ein größeres Stück abgefahren und vor uns sind riesige Haufen an Steinen. Wir müssen einen größeren Umweg nehmen. Aber wir schaffen es. Danach hängen da ein paar von diesen für Nepal typischen, bunten Fahnen. Christine hat auch noch welche mit. Wir hängen sie dazu – als Zeichen der Dankbarkeit, dass wir es sicher bis hierher geschafft haben. Dann wird es auf einmal flach. Wir sind am Eingang des Dorfes Checkamparo. Was sich uns hier offenbart ist Zerstörung – zerfallene Steinhäuser, große Häufen an Steinen. Der Weg ist nicht wirklich passierbar. So gut wie alle Häuser in dem kleinen Dorf sind mehr oder weniger zerstört. Vereinzelt sieht man Leute. Wir gehen weiter bis zu einem Gästehaus, wo wir eigentlich zu Mittag essen wollten. Das Haus dieser Familie ist noch in einem recht guten Zustand, weil es teilweise aus Holz gebaut und dadurch stabiler ist.

Der Weg zum Haus ist allerdings etwas beschwerlich....


Die Frau des Hauses will etwas zu kochen beginnen für uns, doch dann gibt es wieder einen Rumpler. Es heißt schnell zusammenpacken und einen sicheren Ort aufsuchen - man weiß ja nicht was noch alles kommt, vielleicht auch vom Berg herunter!? Wir machen uns auf Richtung Wanderweg, bzw. unterhalb davon. Dort befindet sich eigentlich der Stall für die Kuh und direkt daneben ist ein sehr großer Felsen. Dort steigen wir alle mal rauf - die Familie, unser Guide, unser Träger, Christine und ich. Mit haben wir eine Kanne Tee und Kekse. Es heißt abwarten. Es bleibt ruhig. Wir wissen, dass wir hier draussen wohl irgendwo die Nacht oder vielleicht auch mehrere Nächte verbringen werden.

Auf einmal bemerken wir Aktivität - nicht in der Erde, aber bei der Familie und den Angehörigen. Es wird Kochequipement hergeschleppt und Materialien, um notdürftig eine Überdachung zu schaffen hier im Freien. Es nieselt nämlich immer wieder leicht. Da wir uns auf 3000 Meter befinden und der Schnee von den Bergen, nur unweit von uns herunter lacht, sind die Temperaturen eher im unteren Bereich.

Trotz der angespannten Situation beginnt die Frau für uns und für ihre Familie zu kochen - Dal Bhat, "das" Gericht Nepals. Es besteht meist aus Reis, Kartoffeln, Gemüse und/oder Grünzeugs, dem Linsen/Hülsenfrüchtedal - sprich einer Suppe aus Linsen/Hülsenfrüchten und etwas Scharfem. Wir essen es, seit wir auf dieser Tour sind, täglich. Die Zubereitung variiert etwas, so ist es nicht immer ganz das Gleiche.


Die Stunden vergehen und der Tag neigt sich dem Ende zu, der Abend kommt. Ich ziehe alles an warmen Sachen an was ich mithabe - angefangen von der Schiunterwäsche bis zur Daunenjacke, da wir wohl im Freien übernachten werden. Immer wieder spürt man auch die Bewegungen in der Erde. Die Kommunikation mit Kathmandu ist schwierig, weil die Telefonnetze größtenteils zusammengebrochen sind. Die Kommunikation war vor dem Beben schon schwierig, hier funktionieren nämlich nur die Telefone der Einheimischen, oder Satelitentelefone, sollte man solch ein Stück besitzen bzw. der Funk der Polizei. Das heißt wir selbst, sowie auch unser Guide haben ohnehin keine Möglichkeit zu telefonieren. Der Funk der Polizei wurde durch das Beben beschädigt. Wenn man mit den Telefonen der Einheimischen versucht zu telefonieren bekommt man meist nur Warteschleife mit Musik. Irgendwann kommt dann doch der eine oder andere durch und wir bekommen erste Meldungen aus Kathmandu über die Stärke des Erdbebens und über Zerstörungen in der Stadt. Die Informationen sind allerdings rah und es ist schwer zu beurteilen, wie wahrheitsgetreu diese sind.



So verbringen wir diese Nacht unter einer Plane, gemeinsam mit sämtlichen Angehörigen der Familie. Wir waren bestimmt so an die 15 Personen. Es sind auch Kinder dabei. Man bemerkt immer wieder mal Unruhe. Ich selbst schlafe auch nicht wirklich viel. Immer wieder gehen mir Gedanken durch den Kopf - über das Leben, an zuhause....wie es wohl sein wird, wenn sie von dem Beben erfahren und nicht wissen, wie es uns geht, ob wir überhaupt noch am Leben sind. Irgendwann beginnt es dann dämmrig zu werden und es wird hell. Der Morgen kommt. Tag 1 nach dem großen Beben. Wir versuchen unsere Daten an die Polizei weiterzugeben, damit die diese weitergeben können. Alles scheint sehr chaotisch, die Leute sind paralysiert. Schließlich haben sie das wenige, das sie hatten, verloren. Wir für uns können gar nicht abschätzen wie es weitergeht, wann Hilfe kommt, in welcher Form usw. Dass wir nicht mehr zu Fuß retour können ist bald klar, bzw. war uns tags zuvor schon klar. Ich für mich fühle mich trotz wenig Schlaf und der Ereignisse in einem guten Zustand, sowohl physisch, also auch psychisch. Ich denke mir, es geht mir gut, ich habe zu Essen und zu trinken (Wasserreinigungstabletten hatten wir ohnehin genügend mit) und vielleicht ist es hier in den Bergen sicherer als in der Stadt.

Irgendwann am Vormittag oder war es bereits gegen Mittag tauchen dann drei Wanderer mit Guide und Träger auf, die von weiter oben herunter gekommen sind. Es sind drei Deutsche, die ein oder zwei Tage vor dem Beben im Gästehaus der Familie, die uns versorgt hat, übernachtet haben. Wir kommen mit ihnen ins Gespräch. Die Lage wird diskutiert. Wir bekommen mit, dass Frieder ein Gerät mit Satelitenempfang hat, über das man Emails in der Länge von SMS verschicken kann. Wir sind sehr dankbar, dass er uns die Möglichkeit gibt dieses zu nutzen, um unsere Familien zu informieren und ihnen mitzuteilen, dass wir am Leben sind und es uns soweit gut geht.

Da wir alle im gleichen "Boot" sitzen und nicht abschätzen können, wie lange wir hier noch verbringen werden, beschließen wir uns gemeinsam ein "Dach über dem Kopf" zu organisieren, in dem wir die nächsten Nächte zubringen können. So machen sich unsere Guides auf, um Planen, Matten usw. aufzutreiben für unseren Schlafplatz. Nach nur kurzer Zeit ist unser offenes Zeltlager fertig.




Es sollten sieben weitere Nächte werden, die wir hier verbringen, zu neunt. Nach einer gewissen Zeit stellt sich so etwas wie "Alltag" ein. Dreimal pro Tag essen, Wäsche waschen am Fluss, mal eine Runde gehen, Kontakt zu anderen "Gestrandeten" aufnehmen, mithelfen, Gespräche untereinander, es wird auch immer wieder mal Karten gespielt oder gelesen. Hier ein paar Bilder, Eindrücke von unserem Leben am Berg.


Der Tag beginnt, die Sonne kommt hervor.




Blick talauswärts.




Blick hinauf zum Dorf.


Es ist Frühstückszeit! Es wird Tsampa gegessen.






Zeitvertreib im Zelt



In der Stube im Haus der Familie, die uns mit Essen versorgt.


Biru und Arjun helfen beim Kochen.


Das Abendessen wird des öfteren im Kuhstall eingenommen. Hier schläft die Familie nach dem Beben, weil es ihnen im Haus zu unsicher ist.


Wir stoßen auf unser Überleben an, mit Whisky.


Holzstelle zum Kochen des Abendessens.


Der Großvater verarbeitet das Fleisch eines Tieres, das durch das Beben gestorben ist.


Das Ausmaß der Zerstörung ist hier gut sichtbar.


Wir packen unsere Sachen und dann heißt es warten. Kommt der Hubschrauber, oder kommt er nicht?


Es waren auch die üblichen Verdächtigen - die Erwartungen - da. Wenn es zum Beispiel Information von / Kommunikation mit der Aussenwelt gab, ein Hubschrauber uns überflog, bzw. nach einigen Tagen sogar gelandet ist. Da keimen Hoffnungen auf, die zu Enttäuschungen führen, wenn sie sich nicht erfüllen. Diese Tendenzen konnte man auch in unserer Gruppe spüren. Wenn man in der Früh aufwacht, die Sachen am Zeltplatz zusammenpackt und sich Richtung Heli-Pad, das zwei Amerikaner und ein Kanadier im Feld gemacht haben, begibt und dann dort wartet, ob vielleicht der Hubschrauber kommt, oder doch nicht. Irgendwann wird es dann Nachmittag. Die Wahrscheinlichkeit auszufliegen wird geringer. Das Wetter spielt auch nicht immer mit. Es wird Abend und dann es heißt wieder zurückgehen Richtung Zeltplatz. Schlafplatz einrichten. Nochmal eine Nacht hier bleiben. So geht es uns einige Male. 

Unsere letzte Nacht in Checkamparo ist eine nasse. Es beginnt erstmals seit wir hier sind, so richtig zu regnen. Wir sind zwar am werkeln, um unseren Schlafplatz trocken zu halten, schaffen es aber nicht ganz, sodass die Schlafsäcke von Heidi und Ernst, den anderen beiden Deutschen, nass werden und auch eine unserer Matten. Unsere Nepali (Guides & Träger) sind ebenfalls durchnässt. Sie haben noch dazu nicht soviel an warmen Sachen mit. Sie machen dann, man mag es kaum glauben bei der Näße, ein Feuer, um ihre Kleidung zu trocknen und sich zu wärmen. Ich für mich denke mir nur - noch so eine Nacht brauche ich nicht noch einmal!! Zum Glück hört der Regen dann auf und wir sind weitestgehend trocken geblieben. 

In der Früh heißt es wieder zusammenpacken und auf Richtung Helipad. Dieser Tag war es dann auch an dem wir nachmittags mit dem Hubschrauber ausgeflogen sind. An diesem Tag, Tag neun nach dem Beben, kommt auch zum Ersten Mal Hilfe - Versorgung für die Einheimischen - Lebensmittel, und anderes. Da sieht man wie abgelegen das Tal ist bzw., dass bei den Ausmaßen dieser Naturkatastrophe die Kapazitäten der Einsatzkräfte einfach limitiert waren.

Der Hubschrauber, mit dem wir ausfliegen, gehört der Region Gorka (der einzige dieser Region!!). Es ist ein Hubschrauber der Regierung. Der Pilot erzählt uns, dass er seit dem Beben von Früh bis Spät im Einsatz ist, und dass er uns die Tage zuvor schon immer warten gesehen hat und sich gedacht hat, jetzt nimmt er uns mal mit. ;-) Da haben wir echt ein Glück.




Es herrscht wieder einmal Prachtwetter vor unserer "Ausreise". Die Natur ist schon sehr beeindruckend. Da mag man kaum glauben, was sich die Tage zuvor ereignet hat. Es geht doch alles weiter. Nichts bleibt stehen. Die Natur lebt "ihr" Leben, ihren Ablauf weiter.


Los geht es Richtung Gorka. Wir sind in der Luft. Der erste Hubschrauber Flug meines Lebens. Beim Hinausfliegen sehen wir die großen Zerstörungen im Tal - Erd/Steinrutsche. Dörfer sind teilweise abgeschnitten. Der Weg den wir kurz davor ins Tal hineingewandert sind, ist nicht mehr passierbar. Was für ein Schicksal für die Leute hier.

Gelandet!! Die Freude sieht man uns im Gesicht an.

Auch wenn vieles ungewiss war, alles sehr chaotisch erschien, wir nicht wussten wann/wie wir da rauskommen, überhaupt nicht viel wussten über die Lage generell in Nepal - nur ahnen konnten über die Ausmaße dieser Naturkatastrophe -  muss ich für mich sagen, dass ich mich persönlich so kraftvoll gefühlt habe, wie noch nie in meinem Leben. Ich war so überzeugt, dass wir da heil rauskommen. Ich kann nicht erklären warum und wieso genau das so war. Es war einfach so. Ich habe mir immer wieder gedacht, ich bin gesund, habe zu essen und zu trinken, wir sind mitten auf einer großen Fläche, da ist die Gefahr von Erd/Steinrutschen relativ gering, obwohl wir diese täglich gehört haben, aber die Berge waren weit genug weg. Wir konnten nur abwarten und im wahrsten Sinne des Wortes Tee trinken. Das was im Außen passiert konnten wir in Wahrheit nicht wirklich oder nur begrenzt aktiv steuern bzw. beschleunigen. Sei es die Kommunikation nach Kathmandu, zur Polizei, zur Botschaft oder einem möglichem Hubschrauber zum Ausfliegen. Es ist alles sehr spekulativ und unsicher. Das einzige, was man schon steuern kann ist die Verbindung zu sich selbst, den eigenen Zustand und wie man in der eigenen Kraft - im Vertrauen - bleibt.Das ist wieder einmal eine Erkenntnis, die mich zurück führt auf unzählige Bücher oder Zeitschriften, die ich gelesen habe. In denen geschrieben steht, das alles bei einem selbst anfängt und dass man nur dort - in sich/bei sich - die Lösung finden kann, und nicht im aussen. Genau so war es hier auch. 

Im Nachhinein betrachtet, wenn ich all das hier schreibe und mich dadurch wieder tiefer mit der Situation vor einem Jahr auseinander setze, wird mir mal wieder klar, was wir alles erlebt haben und dass wir schon großes Glück hatten – wofür ich sehr dankbar bin!! Es hätte auch anders ausgehen können.

Auch wenn ich es jetzt noch nicht ganz greifen kann, waren die Tage dort im Tsum Valley eine sehr wichtige Lebenserfahrung für mich und meinen weiteren Lebensweg, die ich absolut positiv sehe und die mich für immer prägen wird.

So war es schon so etwas wie eine "Neugeburt", ein "Neu" werden. Im Außen ist durch das Beben vieles zusammengebrochen. Das Ganze hatte auch eine Analogie zu meiner ganz persönlichen Situation. Mit dem Ende der Firma, dem Auflösen meiner Wohnung, meiner geplantenn Südamerikareise/Freiwilligenarbeit, die ich danach eh gemacht habe, hat sich doch einiges Altes aus meinem Leben verabschiedet. So ist das eben, Altes muss gehen, damit Neues kommen kann. Für beides ist nicht genug Platz. Man muss erst einmal leer werden - quasi einen "Nullpunkt" schaffen. Dann kann man wieder mit vollem Elan loslegen. 

Ich habe jetzt beim Schreiben bemerkt, dass es gar nicht so einfach war für all meine Erlebnisse die richtigen Worte zu finden. So ist das halt mit der Kommunikation. Die bleibt doch für uns alle eine Herausforderung im Leben. Wie oft meint man doch zu glauben, dass das was man sagt und meint beim Empfänger auch so annkommt, wie man es sich selbst im Kopf vorstellt. Da jede/r bekanntlich in seiner "eigenen Welt" lebt, wird das was jede/r aufnimmt immer auch persönlich bleiben. So überlasse ich es jedem/jeder einzelnen aus meinen Erzählungen das mitzunehmen was für ihn oder sie ganz persönlich passt. Mir macht das Schreiben jedenfalls großen Spaß und ich freue mich über jeden Leser und jede Leserin. Danke!!!! :-)

Abschließend möchte ich gerne noch ein Gedicht von Rainer Maria Rilke zitieren, das mir vor einiger Zeit unter gekommen ist.


Man muss den Dingen 
die eigene, stille 
ungestörte Entwicklung lassen, 
die tief von innen kommt 
und durch nichts gedrängt 
oder beschleunigt werden kann, 
alles ist austragen – und 
dann gebären...

Reifen wie der Baum, 
der seine Säfte nicht drängt und 
getrost in den Stürmen des Frühlings steht, 
ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte. 

Er kommt doch! 

Aber er kommt nur zu den Geduldigen, 
die da sind, als ob die Ewigkeit 
vor ihnen läge, 
so sorglos, still und weit.

Man muss Geduld haben.

Mit dem Ungelösten im Herzen, 
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben, 
wie verschlossene Stuben, 
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache 
geschrieben sind. 

Es handelt sich darum, alles zu leben. 
Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, 
ohne es zu merken, 
eines fremden Tages 
in die Antworten hinein.

In diesem Sinne NAMASTE ©

Kommentare

kurt.dibiasi hat gesagt…
Liebe Doris, schon bei unserem Treffen habe gespürt - und ich glaube - Hildegund auch, dass hier viele Annäherungspunkte vorhanden sind.
SoulTraveller11 hat gesagt…
Lieber Kurt! Das stimmt. Ich habe das auch so gespürt. Danke für den schönen Tag mit euch. Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen! Liebe Grüße Doris

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