Kusikuna, das ist die Schule, in der ich für 3 Monate als
Freiwillige arbeite, hier in Bolivien. Genau genommen in Tiquipaya/Abote, einem
kleinen Ort nur unweit entfernt von Cochabamba, einer der großen Städte
Boliviens.
Nun sind schon 2 Monate vergangen, seit ich in der Schule zu
arbeiten begonnen habe. Ich weiß gar nicht wo die Zeit hin ist. Mir kommt vor,
als hätte ich erst meinen ersten Tag dort gehabt. Ich kann mich noch gut
erinnern, es war ein Montag. In der Früh geht’s erst mal mit dem Schulbus
Richtung Schule, Fahrzeit in etwa 50 Minuten, auch wegen des Verkehrs. Ich
nutze die Zeit oft, um mit der Heimat zu kommunizieren, weil meist kommen in
der Nacht Emails oder Whats App Nachrichten, die ich dann gerne beantworte. :-) Der Bus ist einer
dieser alten, bunten Busse von denen es hier unzählige gibt.
Es geht rund im
Bus, da ist richtig Leben zwischen all den Kindern. Je näher wir der Schule
kommen desto mehr füllt sich der Bus und es kann durch aus sein, dass man
keinen Sitzplatz mehr ergattert. Montags gibt es in der Früh immer eine „Ronda“
– Runde, in der alle Schüler und Lehrer zusammenkommen und einen Kreis bilden.
Man begrüßt sich in den verschiedensten Sprachen und Themen/Dinge/Aktivitäten,
die in dieser Woche relevant sind, werden besprochen. Am Ende gibt’s dann noch
eine ruhige Minute, um in sich zu gehen und ich glaube auch um den Zusammenhalt
zu spüren.
Kusikuna ist ein Wort, das aus der Sprache der Quechua kommt.
Es bedeutet auf Spanisch „Alegría“, was wiederrum Freude – Happiness bedeutet.
Quechua ist neben Aymara eine der lokalen indigenen Sprachen hier. Das habe ich
gleich mal gegoogelt, bevor ich angefangen habe hier zu arbeiten. Bevor ich
hier her gekommen bin, wusste ich nichts über Sprachen wie Quechua. Aber es hat
doch eine gewisse Bedeutung hier, vor allem wenn man in offiziellen Positionen
(Ämtern usw.) arbeitet ist es nun verpflichtend, dass man Quechua lernt, einen
Kurs absolviert. So lernen auch die Kinder in der Schule diese Sprache. Wobei
die Leute, zumindest die ich gefragt habe, nicht soviel wissen über die alten
Kulturen in der Gegend. Wo doch hier und in Teilen Peru’s, wenn ich jetzt nicht
ganz falsch liege, der größte Anteil an indigener Bevölkerung lebt. Aber wahrscheinlich
haben die Leute einfach andere Themen, um die sich kümmern müssen.
Kusikuna ist eine alternative Schule, nicht zu vergleichen
mit einer gewöhnlichen Schule so wie bei uns. Ich würde sagen es in Richtung
Waldorf oder Montessori, wobei ich beide Konzepte nur vom Hörensagen kenne. Die
Kinder hier sind im Alter von drei Jahren bis zur Matura/Abitur. Sie werden
sehr breit gefächert unterrichtet. Vor allem bei den Kleinen steht das Thema
Freiheit und Freiraum für das was Spaß macht im Vordergrund. Es werden auch
Dinge mitbewertet, wie zB die Zusammenarbeit mit anderen Klassen, soziale
Aspekte, die es bei uns nicht gibt, zumindest ist mir das nicht bekannt. Die
Gemeinschaft wird gefördert – es heißt ja auch Comunidad. So ist es auch mehr
oder weniger normal, dass sich auch die Eltern einbringen und in der Schule
mithelfen. Da kann es schon mal sein, dass es eine Putzaktion gibt, das
Klassenzimmer neu ausgemalen wird oder es Workshops an den Nachmittagen gibt,
wo Eltern mithelfen oder die selbst den Eltern durchgeführt werden.
Klassenraum ausmalen
"Freiluft" Ofen
das Gemüse/die Pflanzen werden gepflegt
Die
Verbindung zur Natur wird in der Schule ebenfalls gefördert – sie heißt ja auch
ecoactiva. Es wird Gemüse angebaut, die Klassen haben ihre eigenen Gärten mit
Pflanzen, kleinen Sträuchern/Bäumen, die täglich gegossen werden müssen. In der
großen Pause, genannt „Recreo“ können sich die Kinder so richtig am ganzen
Gelände austoben. Die Schule befindet sich ja am Land, umgeben von Bergen,
Bauern, Feldern und Kühen…mehr oder weniger. Manchmal gibt es auch „Tienda“. Da
bereitet eine Klasse (meist die Älteren) Essen zum Verkauf vor. Da gibt es dann
immer einen großen Ansturm und ruck zuck ist alles verkauft. :-)
Weil ich vorher geschrieben habe, die Schule ist anders. Das
ist auch im Hinblick auf, was man so im Kopf oder selbst in Erinnerung hat von
der eigenen Schulzeit. Reihen, in denen die Kinder mehr oder weniger still
sitzen und ihre Aufgaben erledigen. Tische und Stühle gibt es hier zwar auch,
auch einen Stundenplan, aber es ist alles sagen wir mal etwas „flexibler“ und
die Kinder sind sehr frei, nicht so sehr in ein Korsett gepackt, wie das in
unserem Schulsystem der Fall ist. Es kann schon mal sein, dass der eine oder
andere das Klassenzimmer verlässt und im Freien herum läuft. Unter anderem
arbeiten die Kinder auch kleine Projekte in Gruppen ab, zu unterschiedlichen
Themen. Es gibt Camps, in denen die Kinder für eine Nacht, die älteren auch für
längere Zeit wegfahren, um ebenfalls an gewissen Themen zu arbeiten.
Es ist schwer zu sagen, welches Konzept wirklich das
non-plus Ultra ist. Das lässt sich wahrscheinlich auch nicht vergeneralisieren.
Ich glaube es kommt auf die Umsetzung an und durch die Kultur gibt es hier sicher
auch nochmal Unterschiede. Da möchte ich mir auch nicht anmaßen ein Urteil zu
fällen nach zwei Monaten, und noch dazu wo ich glaube, dass Bildung ohnehin ein
delikates Thema ist. Ich glaube generell ist es essentiell das Interesse der
Kinder zu wecken, die Motivation, dass sie aus Eigenantrieb wollen. Weil ich
glaube die meisten kennen wie es ist bzw. sich anfühlt, wenn man mehr oder
weniger zu etwas „gedrängt“ wird, was man eigentlich gar nicht machen will. In
solchen Fällen ist es schwierig wirklich gute Leistungen zustande zu bringen,
wenn dann nur mit vermehrtem Kraftaufwand, wirklich glücklich ist man dabei
nicht. Und ich glaube Kinder sind da auch sehr ehrlich, die tun dann einfach
nicht.
Falls jemand Interesse hat. Ich habe mir zu diesem Thema vor
ein paar Tagen ein interessantes Video vom Hirnforscher Gerald Hüter angehört.
Hier ist der Link dazu: http://www.lernwelt.at/bibliothek/bildung/wie-man-kinder--jugendliche-inspirieren-kann.html
Also was die Schule betrifft kann nur sagen, es ist anders,
als ich es bisher gekannt habe. Anders ist auch gut, finde ich zumindest. Weil
es regt neue Regionen im Gehirn an. Wir werden angeregt aus dem Gewohnten
auszusteigen und es entsteht Neues. Mir macht es Spaß die Kinder zu unterrichten.
Ist ja meine erste Erfahrung. Dank meiner Schwester Eva-Maria, die auch
Lehrering ist, habe ich einige gute Tipps für die Unterrichtsgestaltung
bekommen.
Die große Herausforderung war für mich hier allerdings nicht
der Unterricht selbst, sondern die Sprache. Mein Spanisch war ja quasi nicht
mehr vorhanden, bevor ich in Bolivien angekommen bin. Und dann komme ich nach
zwei Wochen Aufenthalt – zwar mit Sprachkurs – in eine Schule, in der ausschließlich
Spanisch gesprochen wird und keiner Englisch kann. Da hab ich so richtig bemerkt,
welchen Unterschied es doch macht, ob man die Landessprache spricht oder nicht.
Also es ist schon sehr wichtig auch zur Integration, Kommunikation mit Leuten
hier die lokale Sprache zu können, zumindest ein paar Basics, sonst kann es
leicht zu Missverständnissen kommen. Mittlerweile geht es schon ganz gut und es
hat sich herausgestellt, dass zumindest eine Lehrerin auch ein paar Wörter
Englisch versteht.
Ich unterrichte hier Kreativität – was ja ein sehr globaler
Begriff ist. Ich mache mit den Kindern Dinge in Richtung Bildnerische Erziehung
mit Malen, Gestalten, aber auch manuelle Dinge. Es ergibt sich oft einfach, so
auch in meinem Fall. Hier ein Beispiel. Es ist einer meiner ersten Tage in der
Schule. Die Lehrerin sagt zu den Kindern – ok Doris macht mit euch Kreativität
- JETZT….wer halt möchte. Ich denke mir super, vorbereitet habe ich nichts,
weil eigentlich sollten die Stunden ja erst die Woche starten. Aber ich bin ja
flexibel. ;-) So habe ich begonnen einfach Symbole vorzuzeichnen, wie Blumen,
Sonnen mit Gesichtern usw., die die Kinder dann mit Buntstiften angemalt haben.
Es hat sich herausgestellt, dass die Kleinen davon total begeistert waren,
sodass ich das Ganze ausgeweitet habe und jede Woche ein paar neue Zeichnungen
erstellt habe. Die Kinder motivieren mich da auch. Und ich liebe ja alles was
mit zeichnen/malen zu tun hat. So war das für mich kein „müssen“ sondern ein „gerne
machen“.
Neben Kreativität mache ich mit den Kindern noch
Tanz/Bewegung und auch Übungen in Richtung Qi Gong, Meditation, um die Mitte
der Kinder zu stärken, weil sie doch oft irgendwo sind mit ihren Gedanken. Da
war dann auch das Thema, wie erkläre ich ihnen auf Spanisch, was ich mit ihnen
machen möchte, da ich ja noch nicht so sattelfest bin/war. So habe ich einfach
begonnen in Youtube kurze Videos in spanischer Sprache zu suchen, die ich den
Kindern dann gezeigt habe. Und sie haben sehr aufmerksam zugehört, ich glaube
weil die Themen sie einerseits interessieren und andererseits weil Kinder, wenn
sie hören Video o.ä. gleich zu begeistern sind, zumindest die hier. Man lernt
echt schnell und viel in der Arbeit mit Kindern. Vor allem weil die einem
gleich und direkt Rückmeldung geben. Da gibt’s kein Schönreden. ;-)
Nun ist schon das letzte Drittel meiner Arbeit hier
angebrochen. So schnell wie die ersten beiden Monate vergangen sind, werden
auch die letzten Wochen noch vergehen. Ich glaube die Kinder werden mir fehlen.
Die Zeit hier war für mich eine sehr wertvolle Erfahrung. Vor allem die Freude,
Offenheit und der Umgang untereinander ist etwas sehr Positives mit dem man
sich gerne umgibt. Obwohl ich ganz ehrlich zugeben muss, dass die Arbeit
manches Mal auch fordert. So kommt es durchaus des Öfteren vor, dass ich mich
nachdem ich um ca. 13.30 Uhr nach Hause gekommen bin, gekocht und gegessen habe,
für ein Stündchen oder so aufs Ohr haue. Noch dazu sind die Temperaturen um
diese Zeit meist relativ hoch – die Sonneneinstrahlung ist stark – dass man
sich besser irgendwo drinnen aufhält.
Tja, das war ein kleiner Einblick in meine Welt so wie sie
aktuell ist. Bald wird es wieder neue Welten geben, nämlich wenn es in etwa
einem Monat heißt – weiterziehen & Neues entdecken. Nur die Bewegung erhält
uns am Leben. :-)
Hier gibt es noch zwei Links eines zu meinem Picassa Web Album mit weiteren Fotos von Kusikuna und einen zweiten, führt zu einem Youtube Video.
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